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Gemischtes aus der Normandie
Cidre,
Calvados und Camembert
Der
Apfelwein Cidre und der daraus gebrannte Calvados sind die traditionellen
Nebenprodukte der normannischen Landwirtschaft. In den letzten Jahren hat
auch der Fremdenverkehr die originellen Getränke und die Kulturlandschaft,
in der sie erzeugt werden, entdeckt.
Der normannische Bauer redet wenig. Wenn er redet, dann selten von seiner
Frau, manchmal von seinen Kindern, oft von seinen Kühen und fast immer von
seinen Apfelbäumen. In der zwischen den Städten Rouen und Caen gelegenen
Region Pays d’Auge könnte dieses Sprichwort entstanden sein –
Apfelbäumen, unter denen Rinder grasen, gibt es hier wie Sand am nahen Meer.
Daß die Bauern im Pays d’Auge hin und wieder über Touristen reden, ist
wahrscheinlich, denn auch davon gibt es in der Normandie reichlich. Seit
einigen Jahren kommen diese nicht nur in die zahlreichen Seebäder, sondern
auch unter die hiesigen Apfelbäume. Einige Tausend sind es, wenn
allherbstlich zur Fête du Cidre, dem Fest des normannischen
Apfelweins, eingeladen wird. An einem Oktobersonntag, wenn das erste
Kernobst von den Bäumen gefallen ist, wird im Fachwerkdörfchen
Beuvron-en-Auge feierlich der erste Saft gepreßt. Der Rahmen für das
Preßfest könnte normannischer nicht sein: Bis vor zehn Jahren war Beuvron
ein unbekanntes Nest mit nicht ganz 150 Einwohnern, von denen immer mehr in
die Stadt Caen zogen oder nach Paris „aufstiegen“. Es bestand aus nicht viel
mehr als einem Marktplatz und zwei, drei Häuserreihen, hinter denen
unmittelbar die Wiesen mit den Apfelbäumen lagen. Eines Tages kam man auf
die Idee, daß sich gerade dieser Markt und die mehr oder weniger verkommenen
Fachwerkhäuser zu einem sehenswerten Ensemble herrichten ließen. Die Balken
bekamen daraufhin Farbe, die Küchen wurden in Cafés oder Souvenirläden
umgewandelt, ein Maler und ein Töpfer ließen sich am Markt von Beuvron
nieder, Postkarten wurden gedruckt und die Touristen kamen. In manchen
Scheunen fand sich noch eine alte, ausgediente Apfelpresse, die aus einer
ringförmigen Mulde und einem darin kreisenden meterhohen Mahlrad bestand.
Die Hühner wurden verscheucht, der verbotene Destillierkessel noch etwas
besser versteckt, das Scheunentor mit der Aufschrift «Pressoir à visiter»
versehen und aufgetan – fortan kamen die Fremden auch in die Scheunen und
bestaunten das alte Gerät.
Doch hatten die Touristen trotzdem kaum Gelegenheit, sich länger als eine
halbe Stunde im Dorfe umzutun. Die Bauern von Beuvron kamen ihnen aber auch
hier entgegen, indem sie alte Traditionen und ein ganztägiges Fest erfanden,
besagte Fête du Cidre. An diesem Herbstsonntag werden die Kühe auf
entlegenere Weiden getrieben und die Wiesen hinter den Häusern am Markt zu
kostenpflichtigen Parkplätzen erklärt. Vor den Fachwerkhäusern mit den
farbigen Balken werden Tische aufgebaut. Darauf stellt man fest verkorkte
Flaschen mit schäumendem Cidre bouché, andere mit 40-60%igen Calvados
oder noch andere mit dem aus Cidre und Calvados gemischten Aperitif namens
Pommeau. Hinter den Tischen stehen mit langem schwarzen Cape und buntem
Halstuch verkleidete Normannen und verkaufen ihre Ware. Mehr am Rande wird
an einer handbetriebenen Presse vorgeführt, wie aus den zerkleinerten,
zwischen Tüchern aufgeschichteten Äpfeln der Saft quillt. Diesen kann man
sogleich verkosten und dabei über die Qualität des Apfeljahrgangs
fachsimpeln. Auch altes Handwerk lebt an diesem Tag in Beuvron auf: Korb-
und Faßware wird vor neugierigen Augen geschickt erzeugt, hölzernes
Schuhwerk geschnitzt, an Schmiedefeuern entstehen nützliche Dinge aus Eisen
und der Töpfer formt kunstvoll auf offener Straße. Essen und trinken können
die rund viertausend Besucher bei dem von Musik und eigens einstudierten
Tänzen begleiteten Markttreiben alles, was Land und Meer an Schmackhaften
hergeben. Bemerkenswert ist das vielfältige Käseangebot mit dem
normannischen Klassikern Camembert, Livarot und Pont l’Evêque an der Spitze.
Zum ländlichen Imbiß werden Miesmuscheln mit Rahmsoße, in einer Teighülle
gebackene Apfelringe oder frisch gerösteten Kastanien gereicht und natürlich
viel Cidre, Pommeau und Calvados ausgeschenkt. Wenn letzterer 6 Jahre
Lagerzeit überschritten hat, sich «hors d’âge» also gar schon jenseits des
Alters befindet, kann man für eine Flasche gut 580F (170DM) über den Tisch
reichen - der Bauer steckt die Scheine ohne große Worte in die tiefen
Taschen seines schwarzen Umhangs.
Dank des vielbesuchten Cidre-Festes und des originellen Marktplatzes hat
Beuvron-en-Auge einige Berühmtheit erlangt und erfreut sich das ganze Jahr
über eines regen Besucherstroms. Im Sommer wird fast wöchentlich Markt
gehalten, sei es, weil der Töpfer seine Zunftgenossen einlädt, der Maler
einen Flohmarkt organisiert oder einfach nur weil mit Cidre zubereitetes
Brot gebacken wird.
Eine
Touristenstraße rund um den Cidre
Natürlich sprach man in den umliegenden Dörfern mit Neid vom Fest in Beuvron.
Es mußte ein Mittel geschaffen werden, die Fremden länger und besser
verteilt im Pays d’Auge zu halten. Auch dies war nicht schwierig, denn der
gleich hinter der Küste gelegene Landstrich hat unbestritten seine Reize.
Gut unterhaltene ruhige Straßen, die streckenweise eher geteerten Hohlwegen
gleichen, schlängeln sich über Hügel und durch Täler. Die Bäume an ihren
Rändern bilden an manchen Stellen ein geschlossenes Dach und selbst
kurvenreiche grüne Tunnel. Autos begegnet man hier nicht viel häufiger als
Traktoren, morgens und gegen Sonnenuntergang gehören die Straßen allerdings
auch den Kuhherden. Es bedurfte keiner großen Veränderungen, um eine
Touristenstraße zu schaffen. Diese nennt sich «La Route du Cidre» und ist
vor allem für Radfahrer ein erholsamer Rundkurs, der mittlerweile auch
international einen guten Ruf hat. Sie führt durch Dörfer, die zum Verweilen
einladen, vorbei an Wiesen mit Apfelbäumen, über runde Bergkuppen mit
prächtiger Aussicht und durch etwa 20 für Verkostung und Verkauf offene
Cidre-Keller. Auf vielen Bauernhöfen wurden daneben günstige
Übernachtungsmöglichkeiten eingerichtet. Auch architektonisch Sehenswertes
hat das Pays d’Auge entlang der Route du Cidre zu bieten. Dazu zählen die
zahlreichen normannischen Fachwerkhäuser mit ihren markanten Fassaden aus
eng gesetzten Balken und die als Manoirs bezeichneten Schlößchen, die
sich reiche Bourgeois aus Paris in der Zeit um die Jahrhundertwende hier
errichten ließen.
Auch abseits der Touristenstraße wird die Cidreherstellung in der
Normandie heute noch auf vielen Bauernhöfen betrieben. Das mild-feuchte
Küstenklima läßt die viel beredeten Apfelbäume auf den fetten Weiden bestens
gedeihen. Dank des Apfelweines und seiner Destillationsprodukte konnte, auch
ohne daß es, wie in Deutschland, der sensationellen Wiederentdeckung der
sogenannten Streuobstwiesen bedurfte, eine wertvolle Kulturlandschaft in
weiten Teilen der Normandie erhalten werden. Die Ursprünge der
Cidreproduktion reichen tief ins Mittelalter zurück: im Jahre 1203 wurde in
der Normandie aus Mangel an Brotgetreide die Nutzung der Gerste zum
Bierbrauen per Edikt verboten – der 5%ige Cidre war einzige Alternative.
Wasser wurde als blankes Gift angesehen und war es wegen darin wuselnder
Seuchenbringer auch mitunter. Oft von Klöstern ausgehend erfolgte eine
züchterische Verbesserung der Apfelsorten. Es soll heute in der Normandie
etwa 2000 davon geben, manche sind nur in einem einzigen Dorf oder
Obstgarten zu finden. Auch das Herstellungsverfahren wurde vervollkommnet,
der wie Champagner schäumende Cidre bouché ist das Spitzenprodukt. Er
konnte sich bis heute gegen die Konkurrenz von Bier und Wein behaupten, und
ist Hauptgetränk in den bäuerlichen Familien. Besonders im Sommer ist er
aufgrund seines fruchtigen Geschmacks und der prickelnden Kohlensäure ein
guter Durstlöscher. Kenner bevorzugen den trüben, „lebenden“ Cidre aus dem
Faß; in den Supermärkten (auch in Deutschland) ist der klare, pasteurisierte
Cidre bouché heute preiswert (3-5 DM pro Flasche) zu erstehen. Auch
die hochprozentigen Veredlungsprodukte sorgen für erfreuliche Nebeneinnahmen
der normannischen Bauernhöfe. Traditionell kamen deren Einkünfte zu je einem
Drittel aus Rindfleisch, Milch bzw. Cidre&Co. Die Apfelalkoholika verloren
jedoch in den vergangenen Jahrzehnten stark an Bedeutung. Angesichts der
gegenwärtigen Rindfleischkrise könnte sich dies wieder ändern; dafür spricht
neben dem Erfolg der Fête du Cidre auch der Aufschwung des ländlichen
Tourismus in der Normandie. Wer beim Urlaub auf dem Lande auch das Glück
hat, zu einem Familienessen eingeladen zu werden, kann sich dabei von der
traditionellen Allgegenwärtigkeit der Apfelgetränke überzeugen.
Der Calvados und
die Bocage
Solches
Glück widerfuhr mir während eines Besuches auf einem Bauernhof im Westen der
Normandie, inmitten der Heckenlandschaft Bocage normand. Es war
ursprünglich die berühmte Benediktinerabtei aus dem 12.Jh, die mich nach
Hambye, in die Nähe des Mont-Saint-Michel führte. Übernachten wollte ich auf
Empfehlung einer Bekannten bei Bernard G., einem Landwirt in der Bocage.
Diese Heckenlandschaft ist ein weiteres Charakteristikum für die Normandie.
Hier sind die Häuser nicht mit Fachwerkbalken sondern aus Granit und
Schiefergestein gebaut. Der von Geologen als Armorikanisches Massiv
bezeichnete felsige Untergrund der Bretagne und der westlichen Normandie
macht sich als Baumaterial bemerkbar. Die kleinen Kuhweiden mit den
Apfelbäumen sind noch zusätzlich von Sträucher- und Baumhecken umgrenzt,
zahlreiche Bäche verraten das regenreiche Klima. Die Dörfer sind der Fläche
nach riesig aber was ihre Einwohnerzahl betrifft Winzlinge. „Le Bourg“, das
Dorfzentrum, besteht in der Bocage im günstigsten Fall aus der Kirche, einem
Friedhof, einem Bäcker, einem „Bar-Tabac“, dem Bürgermeisteramt mit
Kriegerdenkmal, einer Schule und einigen Häusern. Ein Problem auch dieser
Region ist die Landflucht, «l’exode rural»: Hambye liegt im Kanton Gavray,
der in hundert Jahren 60% seiner Bevölkerung verloren hat. Die leerstehenden
Gehöfte wurden und werden bevorzugt von englischen und deutschen Rentnern
aufgekauft, die die Ruhe und das grüne Land genießen wollen.
Ein Großteil der Einwohner lebt wie Familie G. auf den vielen
Einzelgehöften inmitten der Wiesen und Hecken. Hier gibt es keine
Straßennamen oder Hausnummern; die Postanschrift ist der Name des Hofes. Durch die Haustür trete ich direkt in einen kleinen Saal mit
imposanter Balkendecke ein, das in Westfrankreich übliche
Begrüßungszeremoniell beginnt: vier Wangenküsse und das obligatorische „Ça
va? - Ça va!“. Im großen offenen Kamin mit Rauchfang in Kopfhöhe brennt von
den Bocage-Hecken geliefertes Holz. Das nur während der Sommermonate
gelöschte Feuer sorgt für Behaglichkeit in den über zweihundertjährigen
Steinmauern. Am hölzernen Tisch fände gut eine Schulklasse Platz. Von den
acht Kindern der Familie leben nur noch drei im Hause, der älteste Sohn hat
eine Amerikanerin geheiratet und unterrichtet inzwischen Französisch in New
York. Zwei Töchter kommen häufig am Wochenende mit den Enkeln Bernards - an
den Tisch muß dann noch eine Verlängerung montiert werden.
Um ein geläufiges Gesprächsthema anzuschneiden, komme ich gleich nach der
Begrüßung auf Apfelbäume und Cidre zu sprechen und finde mich nach einigen
Augenblicken im «Cave» inmitten von großen und kleinen Fässern, verkorkten
Flaschen und Spinnweben wieder. Die Luft und das Gemäuer sind von den seit
zwei Jahrhunderten aus den Poren der Holzfässern aufsteigenden Düften
imprägniert. Eichenholz und Apfelalkohol ergeben das einmalige Parfum.
Bernard erklärt, daß jährlich zwei «tonneaux», 1400l-Fässer, mit Apfelsaft
gefüllt werden, der sich nach einigen Wochen ohne weiteres Zutun in Cidre
verwandelt. Ich erfahre, daß die Mischung der Apfelsorten zwei
unterschiedliche Cidres ergibt: «doux», also süßlich, und den trockenen
«Cidre brut». Das Saftpressen müsse zum richtigen Zeitpunkt erfolgen, und
wichtig sei, daß die reifen Früchte ohne Schütteln vom Baum fallen und per
Hand aufgelesen werden. Die Äpfel bleiben nach dem Auflesen als großer
Stapel unter freiem Himmel liegen, erst wenn ein süßlicher Duft aufsteigt,
wird eine Presse bestellt. In die alte Rinne mit dem Mahlrad hat man
Geranien gepflanzt, „le pressoir“ ist heute ein Hydraulikapparat, der auf
einen Traktoranhänger montiert ist.
Nachdem die heurigen Cidres für gut befunden wurden, weiht mich Bernard
L. in die Kunst der Calvadosbereitung ein. Zwischen Mai und Oktober, wenn
die Gärung des Apfelweins abgeschlossen und ein Teil in Flaschen abgefüllt
ist, kommen die Brennmeister mit ihren fahrbaren «Alambics» auf die
Bauernhöfe. Für einen guten «Calva» bedürfe es Cidre aus verschiedenen
Apfelsorten: „Einen sauren Apfel gegen die Mikroben, drei süße für die
Prozente und vier bittere, damit sich der Schnaps gut hält.“ Dieses Rezept
werde zwar von Generation zu Generation weitergegeben, aber schließlich
müsse man sich danach richten, was die Apfelbäume jedes Jahr fallenlassen.
Das 70%ige Destillationsprodukt wird in kleine trag- und versteckbare
Fässer, sogenannte «barriques», abgefüllt und reift in Ruhe. Nach
langjähriger Lagerung ist ein Teil des Alkohols durch die Faßporen entwichen
und der Calva hat Farbe bekommen. „Einige Nachbarn beschleunigen jedoch die
Reifung, sie schummeln - «ils trichent»“: kleine Mengen eingemischten Cidres
geben schneller Farbe und runden den Geschmack. Trotzdem werde das Getränk
noch als echter Calva deklariert und ist nicht zu verwechseln mit dem legal
gemischten, schwachprozentigen Aperitif namens Pommeau.
An ein Faß gelehnt erzählt der sechzigjährige Bernard nach einem Schluck
vom ungemischten, staatlich kontrollierten «Ältesten» weiter. Noch bis nach
dem Krieg war der «Calva» allgegenwärtig im Leben der Bocage. Zur Geburt
eines Kindes füllte man ein Faß ab, das zur Hochzeit geleert wurde. Nervöse
Säuglinge beruhigte man durch einige auf Zucker gegebene Tropfen, Kinder
bekamen vor dem morgendlichen Schulweg durch Regen und Kälte einen Grog zur
Stärkung – so schlief man anschließend auch besser im überheizten Schulsaal.
Daß Erkältungen unter einem leichten Calvados-Rausch ausgeschwitzt wurden,
versteht sich von selbst. In den Dorfbistrots wurde jeden Morgen auf drei
Kannen Kaffee ein Liter Calva verbraucht – heute reiche eine Flasche pro
Monat. „Le Trou normand“, das normannische Loch, ist ein zwischen zwei der
zahlreichen Speisegänge gereichter Calvados; dieser wird auch in den
anschließenden Kaffee oder/und das noch warme Kaffeeglas gekippt. Die
normannischen Crêpes und die berühmte Apfeltorte, «la tarte normande»,
werden mit einem Schuß Calvados zubereitet und mit demselben flambiert.
Der Name kommt von dem durch die Alliiertenlandung im Juni 1944 bekannt
gewordene Departement «Calvados». Dieses wiederum wurde nach einem Schiff
der spanischen Armada, «El Calvador», das einst vor der dortigen Küste auf
Grund gelaufen ist, benannt. Über die Grenzen der Normandie hinaus berühmt
wurde der Apfelschnaps 1916 durch seinen Einsatz in den Schützengräben vor
Verdun. Bezeichnenderweise im namensgebenden Departement hatte im letzten
Jahrhundert der übermäßige Konsum fatale Folgen: Es häuften sich die Fälle
von Kehlkopfkrebs. Schlechte Destillationsqualität war neben dem starken
Tabakkonsum dafür mitverantwortlich. Jeder der in der Bocage einen Apfelbaum
besaß, fühlte sich berechtigt, seinen eigenen Schnaps zu brennen und zu
trinken; die harte Landarbeit und der monotone Alltag wollten ertragen sein.
Ab 1953 schritt die Regierung ein, das Pflanzen von Apfelbäumen mußte
genehmigt werden, fürs Fällen gab es Prämien, Obstgärten wurden aus
staatlicher Sicht wie Opiumfelder betrachtet. Wer eine Zulassung bekam,
durfte noch 10 Liter reinen Alkohol pro Jahr unter staatlich geprüfter
Aufsicht brennen lassen – das war wie eine Entziehungskur «un régime de
désaccoutumance». Die Fälle von Kehlkopfkrebs verringerten sich spürbar.
Aber auch die Zahl der Apfelbäume hat sich in nur einer Generation halbiert.
Mit den aromengetränkten Faßdauben wurden Gatter in Kälberställe gebaut, die
privaten Brennkessel rosteten vor sich hin oder beglücken heute
Museumsbesucher.
Angesichts der noch intakten Fässer Bernards und wohl auch dank des
wirkenden Calvados bin ich jedoch weniger besorgt um das Fortbestehen der
normannischen Tradition. Auch Apfelbäumen begegnet man hier noch auf Schritt
und Tritt. Äpfel, Cidre und Calvados gehören hier glücklicherweise noch so
selbstverständlich zum alltäglichen Leben, daß sie gar nicht weiter
auffallen.
Bernard will gerade nachschenken, als seine Frau, wie jeden Abend, zu
Tisch, «à table!», ruft. Über der Holzglut im Kamin grillt auf einem Rost
Kalbsfleisch aus dem eigenen Stall, neben den Tellern stehen die tönernen
Cidreschalen und der Aperitif namens Pommeau ist schon ausgeschenkt ...
Ein deutschsprachiges Faltblatt zur Route du Cidre mit nützlichen
Hinweisen zu Veranstaltungen, Besichtigungs- und Übernachtungsmöglichkeiten
läßt sich anfordern bei:Calvados Tourisme
Place du Canada
F-14000 Caen
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